Präambel:
Die Fankurven in unserem Land sind besondere Orte. Sie beherbergen die größte Jugendkultur hierzulande, sind Hort für Kreativität und beeindruckende Bilder. Bedingungsloser Support, bunte Fahnenmeere, beeindruckende Choreografien – die Kurven liefern die Kulisse für den Sport, den wir alle so lieben.
In der Vergangenheit sind die Möglichkeiten für Fans, diese Aktionen auf die Beine zu stellen, eingeschränkt worden. Nicht zu erfüllende Auflagen bis hin zu Verboten erschweren die Aktivität einer Fankultur, die doch eigentlich von allen Beteiligten gewollt und gefördert werden sollte.
Um das Ausleben einer solchen Fankultur zu gewährleisten, sind den Fans Freiräume zuzugestehen, die eben jene Kreativität ermöglichen. Diese Freiräume sollten dabei jedoch keine Möglichkeiten zur Erpressung bei vermeintlichem Fehlverhalten, sondern verbriefte und garantierte Rechte sein. Auf diese Art ermöglicht man nicht nur die erwähnten Bilder, die wir alle so gerne sehen, sondern stärkt auch die Selbstregulierung innerhalb der jeweiligen Fanszenen.
Im Einzelnen sind folgende Punkte wesentlich:
Keine Anmeldung von Choreografien
Choreos sind die wohl imposanteste Form der Unterstützung in den Kurven. Sie werden mit unglaublichem Aufwand vorbereitet, um bei der Umsetzung dann über wenige Minuten dem eigenen Verein zu huldigen und alle Anwesenden zu beeindrucken.
Den organisierenden Fans soll zugestanden werden, die Optik und den Inhalt ihrer Aktionen selbst bestimmen zu können. Dabei geht es nicht um die Einhaltung ordnungs- und brandschutzrechtlicher Vorgaben – diese werden von den Fans natürlich auch weiterhin in Absprache mit den beteiligten Vereinen beachtet. Vielmehr sollte den Fans erlaubt werden, ihrer Kreativität innerhalb ihres Freiraums freien Lauf zu lassen. Auf eine Autorisierung des Inhalts seitens der Vereine soll verzichtet werden.
Keine Anmeldung von Spruchbändern
Spruchbänder sind das Sprachrohr der Fans in ihren Kurven. Ob gereimt, gewitzt, sarkastisch oder auch mal provozierend – auf Spruchbändern artikulieren Fans ihre Meinung.
Eben jene Meinungen sollten nicht beschränkt werden. Das Hausrecht sollte kein Grund sein, die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit in den Fankurven einzuschränken. Dies gilt auch und insbesondere, sollte diese Meinung unbequem sein.
Diese Handhabung bedeutet freilich keinen Freifahrtschein. Erstens würden strafrechtlich relevante oder gar diskriminierende Inhalte ohnehin von den Strafverfolgungsbehörden geahndet werden.
Zweitens würde der gegebene Freiraum gleichzeitig ein Verantwortungsbewusstsein in den Fankurven schaffen, welches zu einer Selbstregulierung führt, die Inhalte von Spruchbändern automatisch selbst filtert.
Keine Personalisierung von Fanmaterial
In den letzten Jahren ist es mehr und mehr vorgekommen, dass für die Verwendung von Megafonen, Trommeln oder Fahnen sowie für die Anmeldung von Choreografien eine bestimmte Person zu benennen war, die sich mit ihren Personalien für die Verwendung/Umsetzung verantwortlich zeichnen sollte.
Diese Praxis ist abzulehnen und einzustellen. Die Verwendung einzelner Fanmaterialien sollte kein bürokratischer Akt, sondern unkompliziertes Recht in den Kurven sein. Für Choreos, an deren Umsetzung bis zu zehntausende Menschen beteiligt sind, kann kein einzelner Fan verantwortlich oder gar haftbar gemacht werden.
Komplette Freigabe von Fanutensilien
Die Erlaubnis von Fanmaterial an verschiedenen Standorten erscheint willkürlich. So ist es keine Seltenheit, dass an Standort A viel weniger erlaubt ist als an Standort B, obwohl die baulichen Gegebenheiten sich nicht wesentlich unterscheiden. Darüber hinaus sind Beschränkungen hinsichtlich der Größe, etwa der Stocklänge von Fahnen oder Doppelhaltern, willkürlich und dienen keinem sinnvollen Zweck.
Um eben jene willkürlichen Vorgaben abzuschaffen und einheitliche Verhältnisse einzuführen und den Fans darüber hinaus den größtmöglichen Gestaltungsspielraum einzuräumen, sollten sämtliche Fanmaterialen erlaubt werden – dies gilt in Hinblick auf Art (Fahnen, Doppelhalter, Banner, Megafone, Trommeln und jeweiliges Zubehör), Stückzahl und Größe des Fanmaterials.
Fanutensilien unterliegen keiner Sanktionierung
In den vergangenen Jahren ist es vermehrt vorgekommen, dass den Fanszenen als Sanktion für vermeintliches Fehlverhalten Zaunfahnen, Fahnen oder Choreografien verboten worden sind. Dies war insbesondere auch der Fall, wenn die besagten Stilmittel gar nichts mit dem eigentlichen Vergehen zu tun hatten.
Parallel zu den Überlegungen zur Sportgerichtsbarkeit, sollen Fanmaterialien nicht mehr Bestandteil des Strafenkatalogs des DFB-Sportgerichts sein.
Einhaltung des zehnprozentigen Kartenkontingents und Verzicht auf personalisierte Karten
Die Reduzierung des Kartenkontingents von den etatmäßigen zehn auf sieben, fünf oder null Prozent sowie die Personalisierung der Gästetickets haben in den vergangenen Jahren zu diversen Konflikten geführt. Boykottaktionen der betroffenen Szenen und Solidarisierungen der jeweils gegnerischen Kurven führten zu Spielen mit Quasi-Geisterspielatmosphäre.
Die Garantie, dass Gästefans auch weiterhin unpersonalisiert und zehn Prozent der Karten erhalten, ist eine Bedingung dafür, dass Spiele weiterhin mit einer Atmosphäre von beiden Seiten stattfinden. Sanktionen in Bezug auf das Kartenkontingent führen nicht zu einer Besserung der Situation, sondern Solidarisierungen innerhalb der Fanszenen und gegen den sanktionierenden Verband.
Das Kartenkontingent soll daher fortan nicht mehr zur Sanktionierung dienen. Eine Personalisierung der Karten soll nicht stattfinden.
Verzicht auf entwürdigende Einlasskontrollen
Die Notwendigkeit von Einlasskontrollen sind unstrittig. Die Art und Weise der Einlasskontrollen für Gästefans an einigen Standorten ist jedoch seit Jahren ein Ärgernis für die davon betroffenen Fanszenen.
Separierungen in abgesperrte Bereiche oder Container, Entkleidungen bis auf die Unterwäsche, … Die Maßnahmen an einzelnen Standorten übertreffen jedes Maß an Verhältnismäßigkeit. Der Ertrag dieser Maßnahmen ist fraglich. So scheint oftmals nicht die Verhinderung ungewollter Aktionen, sondern das bloße Schikanieren und die bewusste Einschüchterung der Fans das Ziel zu sein.
Die Einlasskontrollen sollen daher dahingehend überarbeitet werden, dass entwürdigende Maßnahmen nicht mehr stattfinden. Separierungen und Entblößungen über das Öffnen der Jacke hinaus, sollen vermieden werden.
Zurückhaltende Ordnungsdienste
Ebenso wie die grundsätzliche Notwendigkeit von Einlasskontrollen, besteht auch über den Bedarf an Ordnungskräften kein Dissens. Eine zu große Präsenz innerhalb des Blocks oder zu forsches Handeln der Ordner kann jedoch ebenso zu Konflikten führen.
Eingangs wurde die Kurve, respektive der Gästeblock, als Freiraum für die Fankultur definiert. Dieser Freiraum sollte den Fans auch konkret so weit wie möglich als Freiraum zur Verfügung stehen. Eine übermäßige Präsenz von Ordnungskräften, gerade in den Bereichen des jeweiligen ,,Kerns‘‘ der Fanszene, soll vermieden werden.
Reibungspunkte zwischen Fans und Ordnern entstehen insbesondere auch bei den o.g. Fanmaterialien. Wenn Ordnungskräfte Hand an die Fahnen der Fans anlegen, ist die Situation oft schon dabei zu eskalieren. Bei Konflikten bezüglich des Fanmaterials, ob bei der Kontrolle am Eingang oder bereits im Block, soll die Kommunikation mit der Fanszene an erster Stelle stehen. Mögliche Schulungen sollen Ordner darüber aufklären, welchen besonderen Stellenwert das Fanmaterial für die jeweiligen Gruppierungen besitzt.